Freitag, 30. Oktober 2009

Eltern an den Pranger gestellt

Ein FAZ-Artikel über Berlin-Neukölln: Auf einem Bahnsteig schlägt ein türkischer Vater seinen Sohn, vor Gericht kommt das ganze Elend zutage: Vater vorbestraft, Sohn Schulschwänzer und auf dem Weg in eine kriminelle Karriere.

Dass man schlagende Eltern zur Verantwortung ziehen muss, dass man die Schulpflicht durchsetzt: natürlich. Aber der Artikel hat ein anderes Ziel. Liest man ihn, könnte man meinen, sämtliche Sozialleistungen kämen türkischen und arabischen Einwanderern zugute (diese werden einzig genannt, es wird kein bisschen differenziert). Man könnte außerdem meinen, es gäbe nur türkische und arabische Familien-Gewalt.

Am Ende des Textes steht daher auch kein Programm, wie diesem Elend, wo es angetroffen wird, beizukommen wäre. Statt dessen werden die türkischen und arabischen Eltern an den Pranger gestellt und der blanken Empörung ausgeliefert.

"Falsche Toleranz und eklatantes Desinteresse" werden als Ursachen für die Probleme genannt und die Passivität der Behörden ausdrücklich kritisiert, andererseits "Schulen, Staat und Politik" von Verantwortung freigesprochen. Wie bitte? Was denn nun? Wer denn ist für die Behörden verantwortlich?

Dass der "Unruhestifter Sarrazin" (verbeugt sich die Autorin hier vor ihrem Vorbild?), dass also der öffentlich meckernde Sarrazin nicht verantwortlich ist, geschenkt. Sehr wohl trägt aber der Berliner Ex-Finanzsenator eine gewisse Mitverantwortung in Berlin.

Kein einziges Wort zur Alltagsdiskriminierung in Schule, Jobsuche und Gesellschaft. Hier wäre zweifellos einiges zu tun, man könnte und müsste noch besser gegensteuern. Das scheint die FAZ-Autorin aber nicht zu interessieren. Im Gegenteil möchte sie im Grunde wohl weniger politische Maßnahmen, statt dessen fordert sie lautstark und mit dem Finger zeigend mehr Bestrafung, und zwar nur Bestrafung.

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