Dienstag, 27. Oktober 2009

Noch einmal zu Sloterdijk,

In Rousseau sieht Sloterdijk den Ur-Sünder, gewissermaßen den ersten Sozialisten. Vom französischen Schwärmer zieht er eine gerade Linie bis Marx und weiter. Sie alle hätten die Unternehmerklasse in Verruf gebracht. Daraus resultiere der Status quo eines "steuerstaatlich zugreifenden Semi-Sozialismus". Hier verneigt sich Herr Prof. Sloterdijk tief vor den Liberalen, sie hätten verdienstvoll "auf die Gefährdungen aufmerksam gemacht", "die den gegebenen Verhältnissen innewohnen." Er nennt Überregulierung, Überbesteuerung und Überschuldung.

Sloterdijk zieht auch eine durchgehende Linie vom Feudalismus - ja, dieser sei ausbeuterisch gewesen - bis in die heutige Zeit. So, als hätte die moderne industrialisierte Welt sich über Nacht und wie von Geisterhand konstituiert. Von Manchester-Kapitalismus keine Rede, keine Rede also von den Verhältnissen des Frühkapitalismus, die etwa Marx in England beobachtete und die wesentlich seine Theorien beeinflussten. Keine Rede von Kinderarbeit in Bergwerken zum Beispiel. Was sagt Herr Sloterdijk hierzu?

Nichts. Er möchte lediglich den Begriff des Kapitalismus seiner negativen Konnotationen entkleiden. Dazu muss er die Geschichte der Industrialisierung so erscheinen lassen, als hätte es einen ernsthaften Gegensatz von Arbeit und Kapital niemals gegeben, weil Unternehmer sich "väterlich" um ihre Arbeiter kümmern. Letztere aber seien undankbar und forderten ebenso wie die Gesellschaftsmehrheit der Null- und Wenig-Verdiener immer mehr. Das werde nicht lange gut gehen, orakelt der Philosoph. Vor allem, da mehr "Enteignungen" und wachsende Staatsschulden sich am Horizont abzeichnen.

Aha, dann hat Rousseau also sowohl die Investmentbanken und Hedge-Fonds, am Ende z.B. auch einen Madoff selbst zu ihren Geschäften animiert?

Der Fiskus darf jetzt die Scherben aufsammeln, dabei über Jahre zusammengesparte Haushalte pulverisieren, muss danach aber bitte ganz leise sein, keinesfalls Forderungen stellen und den Rückzug antreten? Sicher doch, dem werden bestimmt alle Steuerzahler zustimmen.

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